Vor allem die auffälligen roten Aufschläge auf dem „Wollehemat“ machen die Burggräfler Männertracht sofort erkennbar. Seit über 200 Jahren hat sich diese Joppe kaum geändert und ist damit das einzige Trachtenteil in ganz Tirol, welches durchgehend und so beständig getragen wird. Grundsätzlich kennen sowohl der Burggräfler, als auch die Burggräflerin, zwei Formen ihrer Tracht: Das „Bäurische Gwånd“ und die „Burggräfler Miedertracht“ der Frauen, und das „Kurz-„ und „Langbäurische Gwånd“ bei den Männern. Während alle Formen des „Bäurischen Gewandes“ eine jahrhundertelange Entwicklung hinter sich haben und sich bis heute erhalten konnte, ist die „Burggräfler Miedertracht“ erstmals 1942, als erneuerte Form der historischen Frauentracht von 1850, entwickelt worden.
Das „Bäurische“ – die Burggräfler Tüchltracht
Autor: Andreas Leiter Reber
Bilder: Südtiroler Bäuerinnenorganisation
www.bauerinnen.it
In der zweiten Hälfte des 19. Jhs. hat die Burggräflerin das alte Schnürmieder zu Gunsten eines einfachen, mit Haften verschließbaren Mieders abgelegt. Diese anfänglich noch färbigen oder bestickten Mieder wurden allmählich dunkler, bis um 1880 nur noch schwarze, seltener auch tiefblaue Mieder getragen wurden.
Gleichzeitig trat anstelle des brombeerfarbenen alten Tschoaps ein dunkler, langärmeliger Tschoap.
Diese Anpassung an den damaligen Zeitgeschmack des Bürgertums erhielt dem Burggrafenamt eine lebendige Frauentracht, die von der bäuerlichen Bevölkerung an Werk- und Festtagen gleichermaßen getragen wurde.
Hauptaugenmerk lag an Sonn- und Feiertagen auf einem färbigen, mit geknüpften Fransen oder aufgenähten Borten verzierten Übertüchl, welches die Burggräflerinnen bis heute kennzeichnet.
Der Tschoap aus dunklem, meist schwarzem Wollstoff ist eng anliegend geschnitten und hat einen abgerundeten Halsausschnitt. Er wird vorne mit einer engen Reihe von Hafteln verschlossen und ist oft beidseitig mit „Fischbein„ verstärkt. Die Schulternähte und alle Kanten an Ärmel, Halsausschnitt und Armausschnitt werden paspeliert gearbeitet. Die dicht gereihten, bauschigen Ärmel verengen sich zum Handgelenk hin und enden in einer angedeuteten Stulpe.
Diese Blende kann mit Stickereien oder einer aufgenähten Borte verziert sein oder auch aus schwarzem Samt genäht werden. Der Ärmel wird innen mit zwei bis drei schwarzen Knöpfen und Schleifen geschlossen.
Unter dem Tschoap wird stets ein dreieckiges, weißes „Untertüchl“ getragen, welches in Falten gelegt mit einer Stecknadel am hinteren Halsausschnitt befestigt wird. Oft wird an der sichtbaren Seite dieses Tüchls eine zierliche Spitzenborte aufgenäht.
Der schwarze Rock, Kitl, wird in gutem Wollstoff aus vier Teilen glockenförmig genäht und wird auf der Rückseite in einer Breite von 12 Zentimetern gefältelt. Er reicht meist bis an die Knöchel hinab und ist mit einem Besenbortensaum besetzt, der den eigentlichen Saum vor Abnützung schützen soll. In den Berggebieten wird er meist etwas kürzer getragen.
Hinten wird der Kitl mit einem starken Haftl beim Tschoap eingehakt und vorne, am Bund, mit zwei kleinen Haften verschlossen oder mit einer Sicherheitsnadel festgegluft.
Im Sommer − je nach örtlichem Brauch von Christi Himmelfahrt oder Fronleichnam bis zum Rosenkranzsonntag im Oktober − kann das „bäurische Gwand“ auch „pfoatärmelig“ getragen werden. An die Stelle des Tschoaps tritt dann das schwarze Miederleibl. Es ist wie der Tschoap gearbeitet, mit Hafteln verschließbar, rund ausgeschnitten und wird ebenso mit einem Unterhalstüchl getragen.
Zum Miederleibl gehört eine Pfoat aus weißem Leinen, die heute meist als Bluse bezeichnet wird. Ihre weiten, bauschigen Schiebeärmel schließen in einer losen, manchmal aber auch aufgenähten Spitze. Meist halten einfache, dehnbare Bänder die Spitzen samt dem Pfoatärmel am Oberarm fest. Werden an ihrer Stelle schmale Seidenbänder in der Farbe der Schurzbänder verwendet, ist darauf zu achten, dass diese Bänder nicht zu lang herunterhängen.
Hauptaugenmerk liegt beim festtäglichen „bäurischen Gwand“ auf dem Übertüchl. Das bäurische „Tiachl„ ist meist aus Seide, feiner Woll- oder Baumwollwebe oder für die kältere Jahreszeit auch aus Samt. Den Abschluss bilden dicht angeknüpfte Fransen, aber auch aufgenähte Borten, Samtstreifen oder die so genannten „Waudl„ bei den Wintertiachln.
Die Seitenlänge des Tiachls liegt zwischen 85 und 90 cm. Die Fransen sollten nicht länger als 10 cm sein. Das Tiachl wird in drei bis fünf Falten gelegt, die mit einer Stecknadel befestigt werden. Das gefaltete Tiachl wird schmal über die Schultern gelegt, vorne leicht gekreuzt und am Tschoap bzw. am Mieder festgegluft.
Das Tiachl soll nicht über die Achselbreite des Miederleibls oder des Tschoaps hinausreichen und kann zur Sicherheit auch noch an den Schultern mit einer Stecknadel fixiert werden.
Der Schurz, meist in einem passenden Ton zum Tiachl gehalten, reicht hinten links und rechts bis zur Fältelung des Kitls. Die Länge des Schurzes sollte so bemessen sein, dass ein Zentimeter des Rocksaumes sichtbar bleibt. Die Schurzbänder werden vorne in der Mitte zu einer schönen Schleife gebunden, ihre Enden hängen dabei tief herunter.
Zum Bäurischen werden dunkle, blickdichte Strümpfe und einfache, schwarze Lederschuhe getragen. Der Schuh sollte keinerlei Verzierungen zeigen sowie niedere Absätze haben. Es kann auch der um 1900 aufgekommene hohe Schnürschuh getragen werden, der damals der französischen Mode entlehnt wurde.
Die Haare sollen nicht ins Gesicht fallen und werden im Nacken aufgesteckt oder zu einem Knoten verschlungen. Dieser Knoten wird von der traditionellen Haarnadel waagrecht durchbrochen.
Die Haarnadel ist aus Silber oder aus versilbertem bzw. vergoldetem Messing und hat an ihren breiteren Enden eine Blumenverzierung. Trägt die Trachtenträgerin einen Kurzhaarschnitt, wird auf die Haarnadel verzichtet.
An Halbfeiertagen und von Kindern wurden früher auch gerne Samtleibln getragen. Sie werden ohne Übertüchl getragen, dafür sind sie um den Halsausschnitt und vorne beidseitig neben, oder einreihig auf dem Verschluss mit einer Borte verziert. Diese schmalen Borten hatten meist Blumenmuster mit Veilchen, Rosen oder Edelweiß. Heute werden meist Edelweißborten verwendet oder Edelweißranken aufgestickt.
Die Burggräfler Miedertracht
Die Burggräfler Miedertracht ist die erneuerte Form der bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts getragenen Schnürmiedertracht.
Obwohl sich das Burggrafenamt im „bäurischen Gwand“ eine gewachsene und lebendige Tüchltracht erhalten konnte, erneuerte Gertrud Pesendorfer die alte Schnürmiedertracht und bezeichnete sie im 1945 erschienenen Büchlein „Unsere Tracht“ im Kapitel Meran als „Festtracht für Mädchen und Frauen“. Vom Volksmund „Meraner Dirndl“ genannt, hielt diese erneuerte Tracht in den 1970er und -80er Jahren rasch Einzug in die Burggräfler Musikkappellen, Volkstanz-gruppen und Schützenkompanien.
1984 fand man im Zuge der Meraner Volksschauspiele zahlreiche historische Burggräfler Mieder. Diese alten Schnürmieder haben alle die gleiche Schnittform und dieselbe rote Bandführung, die Stoffe der Mieder sind aber von unterschiedlicher Qualität und Musterung.
Schnell wurde diese „historische“ Gestaltungsfreiheit von den Burggräflerinnen aufgenommen, und es wurden vermehrt „Meraner Dirndlen“ in verschiedenen Farben angefertigt.
Bei dieser nun meist als „Alt-Meraner Dirndl“ bezeichneten Kreation wurden nicht nur die Farben des Mieders, sondern auch jene der Miederbänder, der Schürzen, des Kitlbelegs und der Tschoapeinfassung nach persönlichem Geschmack geändert.
Damit sind grundlegende und verbindende Elemente der alten Burggräfler Tracht verloren gegangen; einzig der Schnitt entspricht noch der Pesendorfer’schen Erneuerung von 1945.
Die hier beschriebene Burggräfler Miedertracht weist die prägenden Burggräfler Merkmale auf und verzichtet dabei nicht auf den belegbaren, gestalterischen Spielraum:
Das Schnürmieder ist weit ausgeschnitten und mit roten Seidenbändern eingefasst, wobei das „Rot“ zwischen einem kräftigen Altrosa und einem dunklen Weinrot liegen kann. Der zu den roten Bändern passende Miederstoff aus Woll- oder Seidenbrokat zeigt floreale und auch mehrfarbige Muster. Vorne sowie über den Miederrücken laufen zwei leicht geschwungene Hohlfalten.
Der vorgestoßene Brustlatz mit abgerundetem Halsausschnitt kann in der Farbe des Mieders gehalten und mit einer Goldborte verziert sein. Mit der Nestlschnur, in passender roter Farbe, wird das Mieder in einfachem Zickzack von unten nach oben geschnürt.
Die Bluse aus Leinen oder Halbleinen schließt am Halsausschnitt und an den gereihten Ärmeln in einer feinen, nicht zu langen Spitze. Im Gegensatz zu vielen anderen Trachtengebieten werden die Spitzen im Burggrafenamt nur leicht gestärkt und legen sich weich um den Halsausschnitt.
Der knapp zwei Meter lange seidene Flor in bräunlich-schwarzer Farbe war stets ein besonderes Schmuckstück der Burggräflerin. Er wird lose gelegt oder gekreuzt in das Mieder gesteckt.
Der Rock (Kitl) aus festem Wollstoff hat eine violett-bräunliche bis schwarze Farbe. Er ist stark gereiht oder in tiefe Plisseefalten gelegt. Der Rock schließt in einem 3 bis 5 cm breiten roten Kitlbeleg, während gereihte Röcke meist nur innen besetzt sind und nach außen mit schmalem, rotem Vorstoß gearbeitet werden.
Die Schürze aus blauem Wollstoff, Baumwolle oder Leinen ist einfärbig oder in Blaudruck gemustert. An hohen Festtagen und als besonderes Zeichen der Festlichkeit kann sie auch hellgrundig oder weiß gehalten sein. Die Schurzbänder werden aus demselben Stoff gearbeitet, oder es wird ein stimmiges Seidenband verwendet.
Der langärmelige Tschoap ist aus Wollstoff oder leichtem Loden, hat eine violett-bräunliche bis schwarze Farbe und wird mit einem Haftlverschluss gearbeitet. Charakteristisch ist der viereckig eingesenkte Halsausschnitt, der mit einem roten Seidenband eingefasst ist. Am Rücken verlaufen zwei Hohlfalten, welche in der Schulternaht enden. Die gereihten Ärmel sind an ihrem Ende mit demselben Seidenband schmal besetzt.
Die eng gestrickten Strümpfe sind in roter oder weißer Farbe, wobei die roten für das Burggrafenamt typischer sind.
Weit ausgeschnittene, nach alten Burggräfler Mustern federkielbestickte Schuhe runden diese erneuerte Tracht ab.
In ihrer historischen Form wurde zu dieser Tracht eine schwarze Spitzenhaube oder die so genannte Schwazer oder Fazzelhaube getragen. In der erneuerten Form wird auf eine Kopfbedeckung verzichtet, und die Haare werden gezopft, zu einem Knoten gesteckt oder im Nacken aufgesteckt.
Im Jahr 1945 empfahl Gertrud Pesendorfer für das Burggrafenamt einen breitkrempigen schwarzen Filzhut mit roten Bändern. Dieser Hut ist ihre persönliche Erfindung und wird heute ausschließlich von trachtentragenden Vereinen getragen.
Interessiere mich sehr für die Häkelspitzen der Trachtenblusen. Bitte geben Sie mir einen Rat, wie ich zu einer Mustercorlage kommen kann! Vielen herzlichen Dank für eine Antwort.
Guten Morgen,
unser Redaktionsteam wird versuchen Mustercorlagen aufzutreiben und sie Ihnen zukommen lassen.
Beste Grüße
In vielen Orten wird die Spitze der Trachtenbluse auch handgeklöppelt ,natürlich aus reinen Leinen , besonders in der Meraner-Gegend wird die Fingerspitze geklöppelt .
Bitte um Strickmuster der Stutzen…. Danke!
Gibt es noch Bezugsquellen für Tüchl? Bin für Verwandte auf Suche nach Ersatz, und finde leider nicht wirklich etwas.
Danke im Voraus.