Immer wieder hat man uns Befürworter des Doppelpasses in den vergangenen Monaten von berufener Seite eingebläut, das Thema der doppelten Staatsbürgerschaft nicht zu sehr zu propagieren, damit den Gegnern dieses innerösterreichischen Vorhabens keine ablehnenden Argumente in die Hände gespielt würden. Man sollte die österreichische Regierung und die von ihr eigens eingesetzte Arbeitsgruppe in Ruhe an der Machbarkeit bzw. Umsetzung dieses Zieles arbeiten lassen.
Nun haben wir uns zwar alle in dieser Angelegenheit brav zurückgehalten, aber das hat die Doppelpassgegner nicht davon abgehalten, mit großen Geschützen dagegen aufzufahren. Hohe Würdenträger der Kirche und Extrem(e)bergsteiger haben uns belehrt, was menschlich und politisch korrekt ist. Und wohl unter dem Druck dieser ablehnenden Meinungs-äußerungen scheint die Realisierung des Doppelpasses in weite Ferne zu rücken, auch weil nun Vertreter der österreichischen Regierung – und nicht nur unser Südtiroler Landeshauptmann – jetzt sagen, dass man die Voraussetzungen für den Doppelpass im Einvernehmen mit der italienischen Regierung abklären möchte.
Dieses Einvernehmen wird es aber niemals geben, wenn man den Reaktionen ranghoher italienischer Politiker auf die ersten Ergebnisse der österreichischen Arbeitsgruppe Glauben schenken darf. Die Wogen gehen deshalb hoch, weil die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an Südtiroler nur aufgrund der Abänderung weniger Gesetze durch die derzeitige österreichische Regierungsmehrheit möglich wäre. Von einem „feindseligen Akt“ ist die Rede und dem österreichischen Bundeskanzler möchte man u.a. sogar die Einreise nach Südtirol während des Landtagswahlkampfes verwehren.
Bei dieser Debatte kommt einmal mehr zum Ausdruck, wie nationalistisch italienische Politiker immer noch eingestellt sind, ganz egal, welchen Parteien und Bewegungen sie angehören. Die Italianità steht über allem. Und diese Italianità geht sogar soweit, dass man uns Südtirolern das Recht abspricht, österreichisch zu fühlen und dieses Gefühl mit dem zusätzlichen Erwerb des österreichischen Passes zum Ausdruck zu bringen. Den Südtirolern vorzuschreiben, dass sie nur italienisch fühlen dürfen, ist eine extrem faschistoide Einstellung.
Der Doppelpass ist also „futsch“, wenn seine Befürworter nicht endlich beginnen, diesen massiv zu fordern, angefangen von den Landtagsabgeordneten und den Bürgermeistern, bis hin zu jedem Bürger oder jeder Bürgerin. Die österreichische Regierung hat den Doppelpass in ihr Regierungsprogramm aufgenommen und sich damit weit aus dem Fenster gelehnt. Sie muss also in den Augen von uns Südtirolern liefern, will sie nicht das Gesicht und alle Sympathien verlieren. Fallen lassen kann Österreich den Doppelpass nur dann, wenn die Südtiroler diesen gar nicht haben möchten, weil man – auch aus Bequemlichkeit – die Meinungshoheit dazu dem Reinhold Messner & Co. überlässt.
Die Bezirksleitung