Ein Südtiroler Freiheitskämpfer ist zu Gott heimgekehrt
SCHENNA – Er hat alles für seine Heimat gegeben, als die Südtiroler immer mehr und mehr vom italienischen Staat unterdrückt worden sind und ihre Identität beinahe aufgeben haben müssen. Nun ist der Freiheitskämpfer Sepp Innerhofer, das letzte lebende BAS-Gründungsmitglied, im Alter von 91 Jahren gestorben.
Die Situation in Südtirol in den 1950/60er Jahren war erdrückend: Die deutsche Sprache, Kultur und Tradition wurde durch den italienischen Staat gänzlich verboten. Die Bestimmungen des Pariser Abkommens von 1946 zum Schutz der deutschen und ladinischen Sprachgruppe in Südtirol wurden durch den italienischen Staat nicht eingehalten. Der Gedanke, Aktionen zum Erhalt der Tiroler Identität und gegen die Unterdrückung zu setzen, wurde immer stärker. So schließen sich einige junge, tapfere Tiroler zum sogenannten Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) zusammen, darunter auch Sepp Innerhofer aus Schenna. Die Gründungsversammlung fand im Herbst 1956 in Frangart statt.
Zunächst bestand noch die Hoffnung, dass der damalige Landeshauptmann Silvius Magnago sich in Rom durchsetzen und die Umsetzung der Südtiroler Rechte herbeiführen könnte. Passiert sei aber nichts, erzählte Innerhofer in einem Interview, und die Geduld war langsam am Ende. Bei verschiedenen Treffen wurde beschlossen: „Wir müssen lauter werden, sonst hören die uns da unten nicht.“
Das Ziel war die Aufmerksamkeit
Gemeinsam planten die Mitglieder des BAS in der Folge verschiedene Aktionen, um die Öffentlichkeit auf den vorherrschenden Missstand in Südtirol aufmerksam zu machen, unter anderem auch die Feuernacht im Juni 1961, als rund 40 Strommasten im gesamten Land gesprengt wurden. In dieser Nacht war Innerhofer, wie auch zahlreiche andere mutige Tiroler, bei der Sprengung eines Objektes beteiligt.
Innerhofer unterstrich in einem Interview mit dem Tagblatt „Dolomiten“ vom 20. April 2018, wie wichtig es den Mitgliedern des BAS war, mit diesen Sprengungen ein Zeichen zu setzen, aufzurütteln und die Einhaltung der Rechte der Südtiroler, verankert im Pariser Abkommen 1946, zu verlangen. Niemals aber habe man Menschenleben aufs Spiel setzen wollen. Besonders stolz war Innerhofer auf die Sprengung des Mussolini-Denkmals beim E-Werk in Waidbruck im Jahr 1961, einige Monate vor der Feuernacht gemeinsam mit Heinrich Klier, Kurt Welser und Martl Koch.
In der Folge der Feuernacht wurde der Bauer aus Schenna verhaftet und von den italienischen Carabinieri gefoltert. In einem Brief an den damaligen Landeshauptmann Silvius Magnago, worauf er nie eine Antwort bekam, schilderte er die grausamen Folterungen, die er in den Carabinierikasernen von Meran, Lana, Eppan und Bozen erlitt. Daraus einige Ausschnitte:
„Dann musste ich wieder im Gang stehen und die Wache wurde beauftragt, mir bei nicht aufrechten stehen, die Fußspitzen zu treten, was auch etliche Male geschehen ist, da ich nicht mehr imstande war, aufrecht zu stehen.“
„Nach meiner Verneinung am Mittwoch vor dem Staatsanwalt wurde ich 24 Stunden in den Keller, auch wieder ohne Essen und Trinken, gesperrt.“
„Am Donnerstag nachts wurde ich dann zu einer „Sonderbehandlung“ nach Eppan gebracht. Wurde nach einem weiteren Verhör in eine Kammer gebracht, wo ich mich vollständig nackt ausziehen musste. Wurde dann mit Hosen und Gewehrriemen fürchterlich am ganzen Körper geschlagen.“
„Zweimal fiel ich vom Stuhl zu Boden. Nach einem weiteren starken Schlag weiß ich nichts mehr.“
(Quelle: Südtiroler Heimatbund)
35 Jahre ohne Bürgerrechte
Sepp Innerhofer saß für seinen Einsatz für die Heimat rund 3 Jahre im Gefängnis und hatte nach seiner Entlassung 35 Jahre lang keine Bürgerrechte. Er selbst wusste zunächst nicht, was dies für ihn bedeutete, wurde damit aber schnell konfrontiert: Verwehrung des Wahlrechts bis zum Jahr 2000, keine Möglichkeit eines Besitzerwerbes, keine Möglichkeit der Bekleidung öffentlicher Ämter.
In den vergangenen Jahren hielt Sepp Innerhofer immer wieder Vorträge, damit seine Landsleute von einem Zeitzeugen über die Unterdrückung durch den italienischen Staat, die Verwehrung der deutschen Kultur und Sprache und die Bombenjahre informiert werden konnten.
Nun aber ist Sepp Innerhofer, der zurecht als einer der wichtigsten Freiheitskämpfer Südtirols bezeichnet werden kann, zu Gott heimgekehrt. Sein Mut, seine Tapferkeit und seine Überzeugung für Gerechtigkeit werden jedoch niemals in Vergessenheit geraten.
DANKE DIR FÜR ALLES, LIEBER SEPP!
Die Beerdigung findet am Montag, den 20. Mai, in Schenna statt. Der Verstorbene wird um 14.30 Uhr von der Martinskapelle ausgehend in die Pfarrkirche von Schenna begleitet. Anschließend erfolgt die Beisetzung im Ortsfriedhof.
Alle Schützen, Marketenderinnen und Jungschützen aus allen Tiroler Landesteilen, die Sepp Innerhofer auf seinem letzten Weg zu Gott begleiten wollen, treffen sich um 14 Uhr auf dem Raiffeisenplatz (Dorfplatz) in Schenna ein.