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Das Aus der Österreichischen Staatsbürgerschaft – Versuch einer Analyse

Das Aus der Österreichischen Staatsbürgerschaft für Südtiroler(innen) – Versuch einer Analyse

Das sog. „Ibiza-Video“ hat nicht nur die österreichische türkis-blaue Regierung zum Fall gebracht, sondern nach den Neuwahlen und der nachfolgenden neuen Regierungsbildung aus Liste Kurz (= ÖVP) und Grünen nun auch das Vorhaben, den Südtirolern und Südtirolerinnen die österreichische Staatsbürgerschaft zu verleihen, sofern selbige von diesen beantragt worden wäre.

Der frühere EU-Kommissar Franz Fischler hat es jüngst in einem Interview mit der Neuen Südtiroler Tageszeitung auf den Punkt gebracht, weshalb es nicht zu dieser Verleihung der Staatsbürgerschaft kommen wird. Zitat Fischler: „Die italienische Regierung hat erklärt, einem solchen Projekt nie zuzustimmen, während Österreich betont, nur im Einvernehmen mit Italien vorzugehen. Daher ist das eine ziemlich müßige Frage.“

Diese Feststellung von Franz Fischler legt die Vermutung nahe, dass der „Doppelpass“ schon längst von der türkis-blauen Regierung ad acta gelegt worden war und es nicht des skandalösen Auftritts von FPÖ-Chef H.C. Strache auf Ibiza und der darauf folgenden politischen Konsequenzen bedurft hätte, um dieses Vorhaben durch die italophilen Gesinnungsgenossen in Wien und auf beiden Seiten des Brenners ins Wanken zu bringen. Bundeskanzler Kurz und sein Stellvertreter Strache hatten sich damals ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt, als sie die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Südtiroler(innen) in das türkis-blaue Regierungsprogramm aufgenommen haben. Und sie hatten nicht mit der harten und eindeutigen Haltung der Italiener in dieser Frage gerechnet. Nun waren auf einmal die guten – vor allem die wirtschaftlichen – Beziehungen zwischen den beiden Staaten in Gefahr. Außer der Einsetzung einer Expertenkommission und Ankündigungen zur Vertröstung der patriotischen Szene in Südtirol wurde für den Doppelpass nichts Konkretes mehr unternommen. Bis Ibiza hätte man Zeit genug dafür gehabt, denn die österreichische Staatsbürgerschaft musste man ja nicht erst neu erfinden, sondern nur verleihen und somit abklären, welche Rechte und Pflichten für die Südtiroler Seite vorzusehen waren. Wenn man gewollt hätte, wären diese Fragen in ein paar Monaten geklärt gewesen.

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter hatte ja schon nach den Wahlen zum Südtiroler Landtag im Herbst 2018 mit der Aussage aufhorchen lassen, dass das Vorhaben Doppelpass gescheitert sei, da die deutschen Oppositionsparteien mit diesem Wahlkampfthema eine empfindliche Wahlschlappe erlitten hätten. Ein wahrlich „eleganter“ Ausstieg eines österreichischen Politikers, in dem man dieses Scheitern der Südtiroler Bevölkerung anlastet. Dazu passte dann auch die im Frühjahr 2019 vom Institut für Sozialforschung und Demoskopie „apollis“ in Bozen durchgeführte Umfrage, wonach die große Mehrheit der Südtiroler der Idee einer Doppelstaatsbürgerschaft skeptisch bis negativ gegenüberstünden.

Was bleibt also übrig vom Vorhaben der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für die deutsch- und ladinischsprachige Bevölkerung in Südtirol? Eigentlich nur die riesengroße Enttäuschung, dass ein österreichischer Bundeskanzler und die Politiker aller Nationalratsparteien mit den Sehnsüchten und Wünschen von Bürgerinnen und Bürgern gespielt haben. Bedrückend ist auch die Tatsache, dass die österreichischen Regierenden der Südtiroler Bevölkerung zu verstehen geben, dass sie brave und treue italienische Staatsbürger sind und auch bleiben sollen, um ja nicht die guten Beziehungen zwischen Wien und Rom negativ zu beeinträchtigen. Was muss sich demzufolge ein Südtiroler Patriot denken, der bisher Österreich als sein Vaterland angesehen und sich zu diesem zugehörig gefühlt hat? Dass er nicht mehr würdig ist, ein österreichischer Staatsbürger in Südtirol zu sein?

Der Schützenbezirk Burggrafenamt Passeier ist in den jüngsten Jahren für die Unabhängigkeit von Italien und für die Gründung eines Freistaates Südtirol eingetreten. Die Zielsetzung Freistaat wurde letzthin hintenangestellt, um die Erlangung des Doppelpasses nicht zu behindern. Nun steht fest, dass die Republik Österreich die Südtiroler als Staatsbürger ablehnt. Man wird diesen Affront zur Kenntnis nehmen müssen, um sich wieder verstärkt der Freistaatidee zu widmen.

 

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