Unser Land

In Vielfalt geeint!

Ansprache von Bezirksmajor Andreas Leiter Reber

anlässlich des 15. Bezirksfestes des Schützenbezirks Burggrafenamt-Passeier


 

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Bezirksmajor Andreas Leiter Reber

Man muss im Alltag, und ebenso im Schützenalltag auch mal inne halten und sich bewusst die Zeit zum Feiern nehmen. Es sind Tage wie diese, die heutigen Begegnungen, und Gespräche, aus welchen wir unsere Gemeinschaft stärken und nicht selten sind es genau diese Stunden, wo fernab jeder Tagesordnung neue Ideen geboren werden.

Liebe Schützenkameraden und Marketenderinnen, liebe Musikanten und Volkstänzer, geschätzte Landsleute und Gäste!Wir feiern heute in Meran unser Bezirksfest, während Europa gerade bei ähnlichem Wetter in Frankreich die Fußball-Europameisterschaft feiert.

Ich weiß nicht, wer von euch sich vor ein paar Tagen das Spiel Island gegen Portugal angeschaut hat, aber wer die Euphorie der Isländer gesehen hat, als sie das Ausgleichstor geschossen haben, konnte und kann sich nur mit ihnen freuen! Vielleicht steckt diese Freude der Isländer auch deshalb an, weil bei diesem Spiel David gegen Goliath gewonnen hat, weil die Isländer gezeigt haben, dass man auch als kleines, untypisches Fußball-Land gegen das große und furchteinflößende Portugal bestehen und auf Augenhöhe vom Platz gehen kann!
Die Fußball-EM lässt die derzeitigen europäischen Aufgaben und Probleme bestimmt nicht kleiner werden. Aber wenn 53 UEFA-Mitglieder, darunter auch die Faröer Inseln, Liechtenstein und erstmals Gibraltar, um die Qualifikation ringen, und dann 24 Länder bzw. ihre Mannschaften um den Pokal kämpfen, führt uns dieses Sportereignis vor allem eines vor Augen, nämlich die kulturelle Vielfalt und somit die Einzigartigkeit unseres Kontinents!

Es sind unsere unterschiedlichen Sprachen und Eigenarten, unsere Traditionen, und Bräuche, ja auch die Esskulturen, welche die Vielfalt unserer Länder und ganz Europas ausmachen. Das gleichzeitige Bekenntnis zu den gemeinsamen Grundrechten der Demokratie und Freiheit drückt sich deshalb auch im Motto der Europäischen Union aus: „In Vielfalt geeint“.
Dieses Motto „In Vielfalt geeint“ haben wir auch für unser 15. Bezirksfest gewählt. Denn auch bei uns im Bezirk zeigen sich kleine und größere Unterschiede, nicht nur geografischer Natur, sondern auch in Tradition, Tracht und Festkultur. Und auch sprachlich haben wir kleine Unterschiede.  Mir fällt das immer bei unseren Bezirksversammlungen auf, also wenn die 26 Kompanien ihren „Bericht zur Lage der Nation“ abgeben, da spricht der Psairer von HOU, wenn der Algunder GELL meint, die Nalsner gehen UMMI wo der Tiroler ONNI geht und eine Ultnerin sagt NUA wenn der Lananer NA meint. Und so sind es eben auch diese kleine Eigenheiten und Unterschiede, die uns ausmachen. Gleichzeitig sind wir aber geschlossen und vereint, wenn es darum geht, für die Heimat einzustehen und das Schützenwesen und unseren Freiheitswillen hochzuhalten.
Ein Freiheitswille, welcher uns Burggräflern und Psairern Schützen seit Jahrhunderten nicht nur Erbe, sondern stetiger Auftrag ist. Dass in der nahen Zenoburg und im Dorf- und Stammschloss Tirol nicht nur die Geburtsstätten des ganzen Landes liegen, sondern Meran auch die erste und letzte Landeshauptstadt eines souveränen und eigenständigen Tirols war, hat sicher dazu beigetragen.

Wir alle, liebe Landsleute,
haben das Glück der späten Geburt, das Glück der späteren Generationen, dass wir heute nicht mehr unser Leben in einem Tiroler Schützengraben verteidigen und um gefallene Angehörige trauern müssen. An das vergangene halbe Jahrtausend in dem wir Tiroler Schützen als wehrhafte Landesverteidiger, das sichtbarste Zeichen der Tiroler Freiheiten und Rechte waren, erinnern noch heute unsere Gewehre und Säbel. Aber noch nie hatten wir in der Geschichte so viele Möglichkeiten, und vor allem so angenehme Möglichkeiten wie heute, uns für ein eigenständiges Tirol einzusetzen.

Wir haben heute Tiroler aus allen drei Landesteilen in Meran – die letzten 100 Jahre sind nicht spurlos an uns vorübergegangen: Der nördliche Teil Tirols hat sich über eine Diktatur und einen Weltkrieg in einem neu entstanden Österreich gut zurechtgefunden und etabliert. Der Irredentismus und Faschismus scheinen dem weitgehend italienischen Teil Tirols seinen einstigen Freiheitswillen bereits abgewöhnt zu haben. Südtirol hat sich nach zwei Diktaturen schließlich im heutigen Italien wiedergefunden und noch Jahrzehnte des politischen und gewaltsamen Ringens gebraucht, um eine Autonomie einzufordern.

Auch wir haben uns mehrheitlich recht gut arrangiert und nennen uns gern selbstverwaltet, obwohl täglich, und an allen Ecken und Enden der Nationalstaat grüßt.
Es ist fast schon fast eine Ironie der Geschichte, dass wir Tiroler genau vor 675 Jahren unserer Landesfürstin Margarethe geholfen haben ihren Mann aus dem Hause Luxemburg von Schloss Tirol und aus dem Land zu jagen. Heute ist das Großherzogtum Luxemburg Mitglied der europäischen Union und hat gleich viele Einwohner wie Südtirol.

Während Island mit seinen 300.000 Einwohnern und als eigenständiger Staat, Mitglied des europäischen Wirtschaftsraumes ist und gegen Portugal 1:1 spielt, stellt Südtirol eine Mannschaft als autochtone Minderheit bei der Fußball-Europeade in Bruneck.

Wir sind keine autochtone Minderheit in Südtirol!

Im historischen Tirol von Kufstein bis Borghetto wurde immer schon deutsch, italienisch und ladinisch gesprochen. Diese sprachlichen Unterschiede haben aber niemanden davon abgehalten, dieses Land als seine Heimat zu betrachten und wenn wir Südtiroler in all unserer Vielfalt geeint wären, dann würden wir zwar nicht sicher gegen Portugal ein Tor schießen, aber unser Land hätte endlich das Finale gewonnen!

Schützen Heil!

 

 

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