Seit den Feierlichkeiten 25 Jahre Streitbeilegung bzw. Paketabschluss mit den Staatspräsidenten im Kurhaus von Meran, am 11. Juni 2017 sind nun mehrere Wochen vergangen und die Polemik um die Weigerung der Burggräfler, Passeirer und Ultner Marketenderinnen und Schützen anlässlich eines Landesüblichen Empfangs vor der italienischen Hymne stramm zu stehen, hat sich gelegt. Auch wenn man im Nachhinein feststellen muss, dass im Kurhaus unsere Tiroler Landeshymne dann auch nicht gespielt worden ist bzw. nicht gespielt werden durfte. Dies hinterlässt natürlich einen bitteren Beigeschmack, weil die Vermutung nun nahe liegt, dass dem Landeshauptmann Dr. Arno Kompatscher von oberster italienischer Stelle mitgeteilt worden ist, dass eine Zeremonie mit der Tiroler Landeshymne und somit auch der Landesübliche Empfang nicht akzeptiert worden wären. Hat man also den Südtiroler Schützen den Schwarzen Peter zugeschoben, anstatt Ross und Reiter für das Nichtzustandekommen des Landesüblichen Empfangs zu nennen? Man hat dann auch von unseren politischen Vertretern im Südtiroler Landtag keine neugierigen Fragen vernommen, weshalb im Meraner Kursaal auf das Abspielen der Tiroler Landehymne verzichtet worden ist.
Es hat immer mehr den Anschein, dass vieles, was mit unserer Tiroler Identität zu tun hat, so manchem unserer Volksvertreter ein Hemmschuh ist, bei der allzu oft zur Schau gestellten devoten Anbiederung an die italienische Politik.
Ich kann mich noch gut an die Diskussion um diese Streitbeilegung vor 25 Jahren erinnern, immerhin war der Südtiroler Schützenbund damals imstande, am 29. März. 1992 den Kursaal von Meran für eine außerordentliche Bundesversammlung zu füllen, bei der sowohl Dr. Alfons Benedikter, einer der Väter der Autonomie, und der bekannte Völkerrechtler Prof. Dr. Felix Ermacora die Südtiroler Landesregierung und die österreichische Bundesregierung eindringlich davor gewarnt hatten, der Streitbeilegung einzuwilligen, solange die sog. Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis (AKB) jede Autonomiebestimmung aushebeln konnte, wenn von der Regierung in Rom eine politische Entscheidung als nationales italienisches Interesse eingestuft wurde.
Heute sind wir soweit, dass die italienischen Regierungen diese Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis gar nicht mehr anwenden müssen, weil die Südtiroler Politik von sich aus die eigenen Landesgesetze abschafft oder an die nationalen Gesetze so anpasst, dass nur mehr ein deutscher Gesetzestext mit italienisch geprägtem Inhalt übrig bleibt. So geschehen z.B. bei den öffentlichen Bauarbeiten, wo in ganz Südtirol seit 2016 das gesetzvertretende Dekret Nr. 50 in Kraft ist und davor jenes mit Nr. 163 aus dem Jahr 2006. Das Landesgesetz Nr. 16 aus dem Jahr 2015 ist im Grunde genommen nur eine Übersetzung der italienischen Bestimmungen ins Deutsche. Und so wird es auch in anderen Bereichen sein. Hat das noch etwas mit Autonomie zu tun, wenn die römische Regierung bestimmt, welche Geburtenstationen in unserem Land geschlossen werden müssen und welche nicht? Und wie ist das mit der „Südtiroler Vorzeigeautonomie zu vereinbaren, wenn deutschsprachige Kinder in deutschsprachigen Kindergärten mittlerweile eine Minderheit bilden?
Fazit: am 11. Juni 2017 hat man im Kurhaus von Meran 25 Jahre Paketabschluss gefeiert. Wenn man aber sieht, was u.a. daraus gemacht worden ist, dann kommt einem zum Weinen.
i.V. Hptm. Stefan Gutweniger
Bezirksmajor Burggrafenamt – Passeier.