Blickwinkel

Auf „Kuschelkurs“ mit der Region

Aufstockung der Regionalregierung und dann?


BOZEN/TRIENT – Erst jüngst wurde von den Vertretern der Südtiroler Volkspartei entschieden, die Regionalregierung der Autonomen Region Trentino/Südtirol um einen Posten aufstocken zu wollen. Was aber bedeutet dies für die Zukunft Südtirols?

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Die Politik in unserer Heimat kann oft schwer verständlich sein. – Foto: Pixabay

Das Gruber-Degasperi-Abkommen 1946 ging als Meilenstein in die Südtiroler Landesgeschichte ein, da man eine friedliche Konfliktlösung zwischen Italien und Österreich durch eine Autonomie herbeizuführen versuchte. In der Folge kam es 1948 zum ersten Autonomiestatut. Dieses sah jedoch vor, dass die Region autonom ist und nicht die Provinz Südtirol. Somit befanden sich die Südtiroler in einer Region mit den Trentinern und die deutschsprachige Bevölkerung war im Verhältnis zur italienischsprachigen Bevölkerung klar in der Minderheit. Erst durch das zweite Autonomiestatut 1972 wurde erreicht, dass sowohl die Region Trentino/Südtirol als auch die beiden Provinzen Bozen und Trient autonom sind.

Dabei ist zu beachten, dass die wichtigen Gesetzgebungskompetenzen den beiden Provinzen zustehen, wie zum Beispiel in den Bereichen Landschaftsschutz, Jagd- und Fischerei, Schulbau, öffentliche Fürsorge und Wohlfahrt u.v.m. Die Region hingegen kann nur in weniger gewichtigen Belangen Gesetze erlassen. Deshalb wird immer wieder gefordert, die Region abzuschaffen, damit auch noch die restlichen, weniger signifikanten Kompetenzen auf die Provinzen übergehen können und infolgedessen eine Körperschaft abgebaut werden kann.

Nach wochenlangen Diskussionen wurde es erst kürzlich für notwendig erachtet, die Regionalregierung auf 6 Mitglieder aufzustocken, damit dort weiterhin zwei Vertreter der deutschen Sprachgruppe vertreten sein können. Bei einer Regierung mit 5 Mitgliedern wäre dies aufgrund des Sprachgruppenverhältnisses nicht möglich gewesen. Es stellt sich hier schon die Frage, wieso die Regionalregierung von so großer Bedeutung ist, wenn die Region von vielen sowieso nur mehr als leere Hülse angesehen wird und die großen wesentlichen Themen von den beiden Provinzen selbst geregelt werden können. Es ist doch von viel größerer Wichtigkeit, unsere Energie und Zeit der Autonomie und der Unabhängigkeit unserer Provinz Bozen/Südtirol zu widmen, damit immer mehr Bereiche von uns Südtirolern selbst geregelt werden können, da wir besser mit unserem Land, unseren Leuten, Traditionen und Gegebenheiten vertraut sind als der römische Gesetzgeber. Diese Zeit wäre vielfach besser investiert als sich wochenlang den Kopf darüber zu zerbrechen, wie die Regionalregierung am besten zusammengesetzt werden könnte.

Was ist überhaupt mit dem Recht auf Selbstbestimmung? Ist eine Aufstockung und somit Aufwertung der Region mit einer Selbstbestimmung Südtirols vereinbar?

Das Recht auf Selbstbestimmung ist eines der wichtigsten Rechte im Völkerrecht und ist vielfach gesetzlich verankert, unter anderem im Art. 1,2 der Charta der Vereinten Nationen und im Art. 1 IPBPR und IPWSKR. Dadurch, dass dieses Recht jeweils zu Beginn aufgelistet ist, sieht man, welch große Bedeutung ihm im Völkerrecht beigemessen wird. Auch einige Parteien Südtirols betonen immer wieder, wie wichtig das Selbstbestimmungsrecht ist. Es ist sogar im Statut der Südtiroler Regierungspartei vertreten: „… und strebt den kontinuierlichen Ausbau der Autonomie Südtirols an und bekräftigt die Unverzichtbarkeit des Selbstbestimmungsrechtes der Südtiroler.“ Diesem Recht wird aber augenscheinlich weniger Aufmerksamkeit geschenkt als der Region.

Mit der Aufstockung der Regionalregierung geht man einen „Kuschelkurs“ mit der Region ein und schenkt ihr mehr Bedeutung, als so manch einem lieb ist. Man entfernt sich von der Selbstständigkeit und klammert sich weiter an die Region. Wichtig aber wäre, wenn man sich darauf zurückbesinnt, wo unser Land seine Wurzeln hat, was unser Land auszeichnet, wofür unsere Vorfahren gekämpft haben und man sich in Hinblick auf die derzeitigen Geschehnisse überlegt und sich vor Augen führt, in welche Richtung sich unsere Heimat entwickelt.

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